Montag, 10. Dezember 2018

Kein Hexenwerk


Liebe Leser,

wenn ich richtig geschaut habe, ist dies genau mein zweiter Blogbeitrag in diesem Jahr 2018. Nun ja, ich denke, es ist schlauer, besonders gehaltvolle Beiträge in einem Buch zusammenzufassen, welches Ihr dann käuflich erwerben könnt, als sie hier ins Nirwana zu posten. Und auch das Subjekt dieses Beitrags wird sicherlich als Buch oder Heft erscheinen. Dennoch an dieser Stelle mal ein Exzerpt, nämlich die Realisierung von einer (ganz kleinen) Polyrhythmik in der rechten Hand beim Fingerstyle.

Nun habe ich persönlich recht eigene Vorstellungen von der Darbietung von Jazzstandards im Fingerstyle. Der kontinuierliche Bass auf die Viertelnoten ist in meiner Welt nicht verhandelbar. Mit der Ausnahme von Generalpausen und eventuellen Gimmicks hat der Bass ausschließlich an den Zählzeiten der Viertelnoten 1, 2, 3 und 4 zu erschallen. Das ist ein Relikt aus meiner Vergangenheit als Folk-Picker. Meine Kollegen mögen das anders halten (und dabei durchaus überzeugend klingen), bei mir ist es halt so wie beschrieben. Bei Metren wie einem 3/4- oder gar 5/4-Takt ist dies natürlich nicht durchzuhalten, aber hiervon soll auch nicht die Rede sein.

Betrachten wir "Out Of Nowhere". In diesem Song von Johnny Green aus dem Jahr 1931 kommen an verschiedenen Stellen Vierteltriolen vor, welche in Fingerstyle-Interpretationen schon durchaus eine anspruchsvolle Herausforderung an den Gitarristen stellen. Hier ein Auszug des Realbook-Sheets:


Detailliert soll das Arrangement an anderer Stelle beschrieben werden  Für diesen Blogbeitrag soll es nur um Rhythmik, nicht um Harmonie gehen.
Um Vierteltriolen mit "geradem" Bass zu realisieren, sollen vorher Achteltriolen geübt werden.
Hierzu habe ich mir mit dem "Lagerfeuerakkord" Amin eine kleine Übung einfallen lassen, für die Ihr auf der linken Hand nur einen Akkord drücken müsst und Euch somit rein auf die rechte konzentrieren könnt. Der Daumen zupft abwechselnd die Saiten A-D-A-E während Zeige- und Ringfinger die Triolen spielen:


Wenn Ihr dies ordentlich spielen könnt, ist es nur ein kleiner Schritt zu Vierteltriolen über Viertelnoten.

Eigentlich ist das Verhältnis der Längen 2 Viertelnoten vs 1 Vierteltriole 2:3, was schon beim Versuch, dies mit zwei Händen zu klopfen/klatschen nicht für jeden trivial ist – ich nehme mich selbst da nicht aus. Betrachtet man aber die Zählzeiten genauer


so fällt auf, dass die Vierteltriolen mit denen der Achteltriolen zusammenfallen, und zwar mit 1, 3 und 5, wenn wir zwei von diesen betrachten. Das kann man meines Erachtens leichter umsetzen. Wer mit Vierteltriolen oder zwei Rhythmen 2:3 kein Problem hat, muss sich natürlich dieser Hilfskonstruktion nicht bedienen.

Mit Berücksichtigung der obigen Grafik kann ein Fingerstyle-Arrangement der ersten vier Takte von "Out Of Nowhere" zum Beispiel so aussehen:


Wie Ihr leicht erkennen könnt, ist die Noten-Schreibweise in Achteltriolen unübersichtlicher und eventuell verwirrend, insbesondere im Gegensatz zu der spartanischen im Original-Sheet. Doch schaut man nur die erste Hälfte von Takt 1 in der darunter abgebildeten Tabulatur an, wird die rhythmische Figur Bass:Melodie = 2:3 gut erkennbar.

Ich hoffe, Euch hat dieser Artikel über ein doch sehr spezifisches Problem des Fingerstyle gefallen. Über jede (vernünftige) Art von Rückmeldung freue ich mich. Vielleicht hat dieser Beitrag bei Euch Bock auf mehr erzeugt – da wäre dann mein neues Fingerstyle-Büchlein genau das Richtige!

Viel Spaß beim Üben

Euer

Gige




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