Sonntag, 16. Dezember 2018

Die Sache mit der Bluesharp

Liebe Leser,

manchmal führen lange triste Autofahrten zu (zugegebenermaßen kleinen) Erkenntnissen. So geschehen vor ein paar Tagen. Im Handschuhfach meines Autos entdeckte ich eine kleine Bluesharp, welche dort zum Zwecke des Zeitvertreibs auf langweiligen Nachtfahrten oder in stundenlangen Staus ihrer Benutzung harrte.



Jeder von Euch, der eine Karriere als erfolgloser Singer/Songwriter in den 1970ern und 1980ern hinter sich hat, mag sich in diesen Zeiten mal an der Bluesharp versucht haben. Die Pointe war und ist, dass die richtige Harp zum Blues eigentlich ganz einfach zu spielen ist, zur falschen Begleitung aber gar nicht. Mein Bruder schenkte mir im in den frühen 1970er Jahren eine E-Harp, damit ich den inzwischen von mir ganz ordentlich intonierten E-Blues etwas abwechslungsreicher gestalten möge. Tja, die Harp besitze ich heute noch und sie ist nahezu neuwertig, denn der passende Blues ist natürlich nicht der in E, sondern der in B (H), was für den aufstrebenden Junggitarristen nun wahrlich keine bequeme Tonart darstellt.

Was ist denn nun mit diesen Bluesharps? "Das was da draufsteht plus eine Quinte aufwärts oder eine Quarte abwärts gibt die auf der Gitarre zu spielende Blues-Tonart" Echt griffig!

Nun habe ich selbst mal im Internet nachgelesen. Man findet bei Wikipedia:

Eine Richter-Mundharmonika (auch Bluesharp) ist eine diatonische Mundharmonika in „Richterstimmung“, die über zehn Kanzellen (Blasöffnungen) verfügt. Durch Blasen und Ziehen lassen sich insgesamt 19 unterschiedliche Töne erzeugen. Der Blaston an Kanzelle 3 und der Ziehton an Kanzelle 2 sind identisch.

Und an anderer Stelle:

Ein Instrument, das nur Töne einer bestimmten Tonart besitzt, wird diatonisch genannt. Dies entspricht einem Piano ohne schwarze Tasten. Mit diesem kann folglich auch nur in einer Tonart gespielt werden. Im Gegensatz dazu verfügt ein chromatisches Instrument über alle 12 Halbtöne der westlichen Musik und kann in allen Tonarten gespielt werden.
Beispiel: Eine diatonische Mundharmonika in der Tonart C-Dur hat nur die Töne C, D, E, F, G, A und B (deutsch: H). Auf einem Klavier entspricht dies nur den weißen Tasten, die schwarzen lassen sich nicht spielen.

Über die Definition von "diatonisch" habe ich an anderer Stelle geschrieben, aber das mit den weißen Tasten ist ein korrektes Bild. Interessant ist bei der Bluesharp auch die Anordnung der Töne (geblasene in Groß-, gezogene in Kleinschreibung):



Das erklärt so manchen Schuss daneben, den ich beim Herum-Dilettieren gemacht habe.

Nun noch einmal zurück zur Auswahl der richtigen Harp für bestimmte Blues-Tonarten. 
In Kirchentonarten gedacht, wird die Sache leichter. Ich werde übrigens in Bälde eine kurze Einführung hierzu in diesem Blog unter "Basics" bereitstellen, echt jetzt.

Über einen Septakkord spielt man traditionell die Skala Mixolydisch, welche in der Durtonleiter auf der fünften Stufe entsteht. In C-Dur heißt das: Die Töne der C-Dur-Tonleiter (die weißen Tasten eines Klaviers) von G bis zum G in der nächsten Oktave gespielt heißen G-Mixolydisch. Beinhalten aber wirklich nur Töne aus C-Dur.

In einem Blues in G, welcher die Akkorde G7, C7 und D7 enthält, erwischen wir so mit einer C-Bluesharp schon eine Menge cooler Töne: G-H-D-F für den ganzen G7, C-E-G immerhin aus C7 und D-A-C aus D7. Wie zigtausendmal bewiesen durchaus genug.

Es gilt also, für den gewünschten Blues die Harp zu finden, deren Durtonleiter die Mixolydische Skala unserer gewünschten Bluestonart darstellt. Für einen Blues in G war dies die C-Harp.

Für den unter Gitarristen verbreiteten E-Blues suchen wir also eine Durtonleiter, auf deren fünfter Stufe die Skala E-Mixolydisch entsteht. Dies ist A-Dur. Merke: E-Blues spielbar mit A-Harp.

Wer das System der Kirchentonleitern → verstanden hat, wird leicht alle anderen möglichen Konstellationen ausrechnen können.

Dennoch klingen meine Myxolydisch-Gehversuche auf der Bluesharp eher traurig. Das mag aber auch an meinem Edelinstrument von Harley Benton für ganze 3,50 € liegen...

Euer

Gige

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