Sonntag, 3. März 2019

Mixolydisch-b9-b13

Liebe Leser,

heute mal ein kleiner Beitrag über meine Lieblingsskala - Harmonisch-Moll. Anhand des anders lautenden Titels wird offensichtlich, dass das alles mal wieder nicht so einfach ist. Ein kleiner Exkurs für Fortgeschrittene, daher nicht direkt auf der Seite "Schritt für Schritt" verlinkt. Zudem natürlich wieder auf Gitarre zugeschnitten, sorry. Nun denn, zur Sache:

Mixolydisch-b9-b13


Im angelsächsischen Sprachraum, insbesondere natürlich am trendsetzenden Berklee College of Music werden die Modi von Harmonisch und Melodisch Moll (mit einigen Ausnahmen) mit den Namen der sieben Modi der Kirchentonarten plus den jeweiligen Abweichungen bezeichnet. HM5 ist so zum Beispiel Mixolydisch-b9-b13 bzw. mixolydian b9 b13

😎

Mixolydisch-b2-b6


Die Angabe von alterierten Intervallen in einer Tonleiter durch Zahlenangaben jenseits der 8 ist meiner Meinung nach nicht konsequent. Wie Ihr ja wisst, ist der Ton auf der 9 (None) identisch mit dem auf der 2 (Sekunde), nur eben in der nächstfolgenden Oktave. Entsprechend 4 - 11 und 6 - 13. Siehe Kapitel Akkorderweiterungen. Befinden wir uns allerdings innerhalb einer Tonleiter, in der ja nur die Intervalle Prime bis Oktave vorkommen, ist eine Angabe b13 nicht logisch, es müsste b6 heißen. Wenn also überhaupt, müsste die Skala Mixolydisch-b2-b6 benannt werden.

😇

Da es ja Musikerkollegen gibt, die lieber alle Modi der Durtonleiter in verschiedenen Lagen üben und spielen wollen, als den jeweiligen Modus auf die Ionische Skala zurückzurechnen, mag zum Beispiel die Angabe E-Mixolydisch-b9-b13  für diese Leute hilfreicher sein als das deutsche E-HM5. Wir können mal prüfen, ob die Angabe Mixo b9 b13 überhaupt für HM5 zutrifft.

Auch wenn Ihr in den Harmonisch-Moll-(HM)-Tonleitern vielleicht an dieser Stelle noch nicht so bewandert seid, kennt Ihr zumindest schon die Skala A-HM, da ich ja sie bereits vorgestellt hatte. Sie entspricht A-Äolisch oder auch C-Ionisch (also der altbekannten C-Dur-Tonleiter), allerdings mit G# statt G. Und diese Tonleiter – von E bis E' gespielt – heißt eben E-HM5, da E in A-HM die (abzählen: A - H - C - D - E ...) V. Stufe ist. Um nun E-HM5 mit E-Mixo-b9-b13 zu vergleichen, müssen wir zunächst einmal herausfinden, aus welcher Tonart E-Mixolydisch stammt. Hier dürfen wir wiederum unsere Kopfschablone → verwenden, denn die Stufenbeziehungen der Skalen entsprechen denen der Akkorde.

Zu schnell? Also mal ganz langsam:

Die zugehörige I. Stufe zu einer vorgegebenen V. Stufe finden wir, wenn wir in C-Dur den Akkordwechsel von G7 zu Cmaj7 vollziehen, schlauerweise am 3. Bund:


Die zugehörigen Skalen sind (beide aus dem Tonraum C-Dur) G-Mixolydisch bzw. C-Ionisch. Finden wir also eine entsprechende Akkordkombination mit E7 als V. Stufe (und damit E-Mixolydisch), wird uns die zugehörige I. Stufe auch die gesuchte Ionische Skala und damit die Basistonart liefern.

Am 12. Bund (somit natürlich auch am 0.) werden wir fündig. Wenn wir dann dort den abgebildeten Griffwechsel vollziehen, finden wir die Akkorde E7 und Amaj7. Damit haben wir auch herausgefunden, dass die Skala E-Mixolydisch aus dem Tonmaterial von A-Ionisch (also der A-Dur-Tonleiter) entstammt. Um herauszufinden, welche Töne in A-Dur und somit E-Mixolydisch gegenüber C-Ionisch abweichen (also welche schwarze Tasten anstatt ursprünglich weißer verwendet werden müssen), bemühen wir den Quintenzirkel →.

Hier ist schnell zu finden, dass A-Dur als Vorzeichen drei Kreuze hat. Drei Töne weichen also von unserer vorzeichenfreien Referenztonart C-Dur ab: Jedes F wird zum Fis, jedes C zum Cis und jedes G zum Gis. Da E-Mixolydisch nur ein Modus von A-Ionisch ist, gelten diese Vorzeichen natürlich auch für die originale E-Mixolydisch-Skala. Die einzelnen Töne von E-Mixolydisch lauten: E - F# - G# - A - B - C# - D - E

Im Fingersatz von A-Ionisch am 5. Bund ist diese Skala leicht zu finden:


Nun war ja die Annahme zu bestätigen, dass E-HM5 mit E-Mixolydisch b9 b13 identisch sei. Zur Erinnerung: b9 bedeutet eine Verminderung der 2. Stufe, b13 selbige bei der 6. Auf der 2. Stufe steht in E-Mixolydisch das F#. Das ist leicht! Die Verminderung des F# macht aus diesem wieder ein F. Auf der 6. Stufe finden wir ein C#. Auch hier löst die Vorgabe der Verminderung um einen Halbton das # auf und es bleibt ein C. Somit ist von den durch # erhöhten Noten F#, C# und G# einzig das G# übrig geblieben. Wenn wir diese Änderungen im abgebildeten TAB (natürlich für alle F# und C#) durchführen, entsteht E-Mixolydisch b2 b6.

Aus ergonomischen Gründen habe ich noch den Ton E vom 9. Bund der G-Saite auf den 5. Bund der H-Saite versetzt. Wir haben jetzt eine Skala, bei der nur eine "schwarze Taste", nämlich das G# beteiligt ist. Und diese habe ich ja erst neulich vorgestellt:

A-Harmonisch-Moll


Ihr müsst zugeben - die Skalen schauen doch recht identisch aus...


Es gibt Gitarristen, die haben die Mixolydischen Skalen derart verinnerlicht, dass sie schneller eine Mixo b2 b6 auf das Griffbrett zaubern, als HM5 bzw. eben die erzeugende Harmonisch-Moll-Skala der 1. Stufe. Ich persönlich bin der Meinung, dass das Einüben von drei (sich zudem noch sehr ähnlichen) Molltonleitern einfacher ist, als die Griffbilder für jeden Modus einer Erzeugerskala zu lernen. Aber das ist definitiv Geschmackssache. Bleibt festzuhalten, dass die Bezeichnung Mixolydisch b9 b13 für HM5 (bis auf die Intervallangaben > 8, siehe Einwurf oben) durchaus korrekt ist. Ob auch sinnvoll, sei dahingestellt.

Viel Spaß mit HM5 oder Mixolydisch-b9-b13,

Euer

Gige

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